Auftraggeber für Jugendstrafrechtsgutachten sind Jugendanwaltschaften und Jugendgerichte.
Strafmündig in der Schweiz ist man ab dem vollendeten 10. Lebensjahr (gilt seit dem Inkrafttreten des Jugendstrafrechts am 01.01.2007). Das neue Jugendstrafrecht gilt als "besonders milde" und bereitet entsprechende Probleme bei "schwierigen Fällen".
Durchgeführt werden jugendstrafrechtliche Gutachten von forensischen Kinder- und Jugendpsychiatern oder forensischen Erwachsenenpsychiatern mit Erfahrung im Jugendstrafrecht sowie bis dato hauptsächlich von forensisch erfahrenen Psychologen.
Im Rahmen meiner psychiatrischen Tätigkeit im Jugendheim Platanenhof kommen vereinzelt Aufträge von Jugendanwaltschaften (strafrechtlich), meist der KESB (zivilrechtlich). Vereinzelt gibt es grosse Aufträge bei „schwierigen Fällen“.
Es gab in den letzten Jahren drei Bundesgerichtsentscheide, die den Psychologen mangels Qualifikationen die Gutachtenerstellung untersagten. (Bemerkung: Psychiater = Arzt mit Medizinstudium und psychiatrischer Facharztausbildung, ein Psychologe hat Psychologie studiert). Deswegen gibt es im Erwachsenenstrafrecht seit den Bundesgerichtsentscheiden keine psychologischen Gutachter mehr. Die psychologischen Gutachter haben dann offenbar in Zusammenarbeit mit den Jugendanwaltschaften sich in diesen Bereich („jugendpsychologische Gutachten“) zurückgezogen und erhalten auch die meisten Aufträge.
Dr. Aschwanden macht hauptsächlich Erwachsenenstrafrechtsgutachten, in ausgewiesenen Fällen (Sexualstraftäter, (psychopathische oder notorische) Gewalttäter, psychiatrisch kranke Täter (z. B. Schizophrenien) auch Jugendstrafrechtgutachten.
Es gelten die üblichen Stundensätze wie im Erwachsenenstrafrecht, wobei das vereinbarte Kostendach nicht überschritten wird.
Die Massnahme-, Sicherungs- und Sanktionsmöglichkeiten im Sinne der Reduktion der Fremdgefährdung sind im gegenwärtigen Jugendstrafrecht „äusserst bescheiden“. Es handelt sich objektiv betrachtet weniger um ein Strafrecht, sondern mehr um Nacherziehungsmassnahmen, wo die berufliche Integration an oberster Stelle steht. Dieses „Strafrecht“ ist sehr geeignet für (früher oder später) einsichtige und kooperative Jugendliche, für die anderen wirkt es eher kontraproduktiv, d. h. deliktfördernd, weil gelernt wird, dass Delikte ohne (spürbare) Konsequenzen begangen werden können. Das ständige „Letzte-Chance-Ermahnen“ der Jugendanwaltschaften wird jeweils schnell nicht mehr ernst genommen, weil die jugendlichen Täter wissen, dass dies nur „Sprüche“ und greifende Massnahmen gesetzlich kaum möglich sind.
In den Gutachten weise ich oft auf dieses Dilemma hin, mit dem Hinweis, dass man den Jugendlichen ab 18-jährig schnellst möglich dem Erwachsenenstrafrecht übergibt, da man jugendstrafrechtlich nicht weiter kommt.
Ich war bei den bisher erstellten jugendstrafrechtlichen Gutachten immer wieder erstaunt, dass viele Akten von vielen Straftaten zu sehr wenigen, resp. praktisch keinen Sanktionen geführt haben.
Die Erstellung von jugendstrafrechtlichen Gutachten sind wichtige Dokumente, zwar eine oft konsequenzlose Schreibarbeit zu Jugendzeiten des Beschuldigten, aber im Erwachsenenstrafrecht dann wichtig zur Stellung der korrekten Prognosen und Massnahmenempfehlungen. Das Fehlverhalten in der Kindheit/Jugend ist hochrelevant für die spätere Legalprognose. D. h. diese Gutachten dürfen nie vernichtet werden, da ja schon die Löschungen im Strafregisterauszug zwecks „Zukunft nicht verbauen“ für die Prognosestellung ein Problem sind.
Wenn man diese Akten eines Tages "um die Zukunft nicht zu verbauen" auch noch vernichtet, muss man sich nicht wundern, wenn dann viele Sexual- und Gewalttäter „bei völlig unauffälliger Vergangenheit aus heiterem Himmel plötzlich schwerste Delikte begehen“.