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Umfassende Gutachten sollten gemäss Wunsch des Auftraggebers oder der Öffentlichkeit schnellst möglich ("gestern") vorliegen. In der Regel ist dies nicht innerhalb 2-3 Wochen möglich, weil der Gutachter auch noch diverse andere Gutachten erstellen muss oder noch andere zeitintensive Verpflichtungen hat (in meinem Fall behandelnder Allgemein- und forensischer Psychiater, Amtsarzt, Gefängnisarzt (Gossau und Platanenhof), Fachrichter, Vorstandsmitglied in xy, etc.). Wenn eine schnelle Fragenbeantwortung bei umfassenden Gutachten notwenig ist, bleibt nur die Möglichkeit einer Vorabstellungnahme.

In Haftfällen mit Fremdgefahr sollte in ca. ein paar Tage oder einer Woche vor einer allfälligen Haftverlängerung eine Risikoeinschätzung mit Empfehlungen zum weiteren Procedere vorliegen. In solchen Fällen reicht eine Vorabstellungnahme mit Stellungnahme zu den für den Zwangsmassnahmerichter wesentlichen Fragen.

Wichtig: Eine Vorabstellungnahme ist kein abschliessendes Kurzgutachten. Das heisst es wird bei gesichteten Akten praktisch das Resultat oder Teile des Resultates des Gutachtens ohne, resp. mit minimaler Begründung geliefert.

Es bringt nichts, wenn Verteidiger „nörgeln“ und mit „Sofortforderungen von Antworten zu Ergänzungsfragen“ nerven, da dies alles im Schlussgutachten folgt.

Es wird darauf geachtet, dass keine Widersprüche zwischen der Vorabstellungnahme und dem Schlussgutachten entstehen, da dies sofort "den Gutachter und das Gutachten entwertend" beanstandet wird. Deshalb sind Gutachten mit Vorabstellungnahme(n) auch aufwendiger als Gutachten ohne. Die Vorabstellungnahme ist nicht „separat“ oder „zusätzlich“, sondern wird in das Gutachten eingebaut. Aber es kann schon zu Abweichungen in der Beurteilung kommen, falls in der Zwischenzeit neue Fakten/Akten dazugekommen sind – was in Untersuchungshaft öfters der Fall ist. Dies wird aber klar ausgewiesen und begründet.